7. April 2007

Die erste Woche Arbeit vorbei

... und die war nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt hab. Los gehts damit, dass an meinem ersten Tag weder die Leute aus der Personalabteilung noch die Assistentin in meiner Abteilung da sind, die ich schon von E-Mail und Telefon kannte. Die Abteilungsleiterin ist auch weg, und von den anderen weiß keiner so richtig, was sie mit mir anstellen sollen. Mein Benutzerkonto für Windows, E-Mail und andere Programme ist natürlich auch noch nicht vorhanden (und das ändert sich die ganze Woche nicht, weil das über die DB in Hongkong eingerichtet wird und zwischendrin noch einige Male von verschiedenen Personen in Shanghai abgesegnet werden muss!), also einloggen mit dem Passwort einer Praktikantin auf dem wohl langsamsten Laptop in der ganzen Bank! Beim Mittagessen mit der Abteilung erfahre ich dann in groben Zügen, was ich denn so machen werd, doch da ich noch überhaupt keine Ahnung von irgendwas hab und alles nur ganz kurz angeschnitten wird, weil keiner so richtig viel Zeit hat, sind das für mich noch eher Rätsel als Aufgaben...

Im Laufe der Tage und durch Gespräche mit den anderen Mitarbeitern (die aber grundsätzlich nie Zeit haben) wird dann so einiges klarer, doch blöderweise müsste ich einiges mit meiner Chefin absprechen, die aber die ganze Woche nicht im Büro ist. Also, bissl durch die Dateien klicken, einen ersten Eindruck von den ganzen Produkten bekommen und wie die Arbeitsweise hier ist.

Ich bin übrigens im Corporate Banking Coverage, das ist der Bereich, in dem Relationship Manager sitzen (diejenigen, die Firmenkunden generell betreuen). In diese Abteilung wurde ich mehr oder weniger reingesteckt (Verkauf ist ja nicht so meine Sache), aber es ist laut den Kollegen die Abteilung, in der man den größten Einblick in die Geschäftsfelder der Bank bekommt, da man über alle Produkte usw. Bescheid wissen muss. Ich hoff natürlich, auch mal in andere Abteilungen reinschnuppern zu dürfen ... aber das muss ich mit meiner Chefin noch aushandeln – wenn sie mal da ist ...

Mein größtes Projekt vorerst ist, einen Account Management Plan zu erstellen, also Firmen zu analysieren, das Geschäftspotential herauszuarbeiten ... das hört sich eigentlich ganz spannend an und wird mit Sicherheit nicht wenig Arbeit, da die Infos dazu wahrscheinlich nicht einfach zu bekommen sind. Dann muss ich für die Geschäftsstellen weltweit Besonderheiten der Produkte am chinesischen Markt darstellen (damit die wissen, was hier so läuft, um ihre Unternehmen dementsprechend beraten zu können). Das ist auch nicht uninteressant, weil ich dadurch einen ziemlich guten Einblick in den chinesischen Markt und die Strukturen, die man hier beachten muss, bekomme. Und was sonst noch so kommt ... mal schaun. Es wird bestimmt kein Kaffee-koch-Praktikum oder ein Zurücklehnen, die verlangen auch relativ viel Eigenständigkeit und Engagement von meiner Seite, was bestimmt lehrreich wird! Und dann eben noch die Tatsache, dass das fast alles Chinesen sind – die Langnasen kann man an einer Hand abzählen (immerhin ist einer davon in meiner Abteilung, ein eher ruhiger Typ, aber mit viel Erfahrung in China, ein anderer, der in Beijing sitzt, soll mich wohl betreuen). Ganz zu schweigen von ausländischen Praktikanten, da bin ich die einzige ... Es gibt wenige chinesische Praktikanten und 2 oder 3 Trainees, einen davon in meiner Abteilung, der auch wirklich in Ordnung ist.

Arbeiten tut man hier übrigens in Großraumbüros, die Abteilungsleiter haben meist ein separates Glasbüro, für manche Abteilungen braucht man einen extra Zugangsberechtigung. Meine und die meisten anderen Abteilungen sind im 18. Stock, mitten im Finanzzentrum Shanghais. Ein Deutscher erzählt mir, als sie vor ca. einem Jahr hier eingezogen sind, war alles ziemlich leer – jetzt platzt das Stockwerk aus allen Nähten! Außenrum gibt’s eigentlich nur Baustellen, man sieht perfekt auf den Pearl Tower und die Skyline von Pudong, auf der anderen Seite über den Fluß nach Puxi. Oben im 33. Stock sitzt das Private Wealth Management – und ich sag euch, das ist ein nobler Schuppen! Da wäre man gerne selbst Kunde...

Das Arbeitsklima hab ich mir ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt. Es ist eine eher ernste Angelegenheit hier, jeder sitzt vor seinem PC und arbeitet vor sich hin, für irgendwelche Witzelchen oder etwas Zwischenmenschliches ist keine Zeit ... ich weiß noch nicht, ob es an den Chinesen liegt oder an der Abteilung – aber wahrscheinlich an der Chefin, so meint auch der Trainee. Und da sind wir uns einig – eine etwas lockerere Atmosphäre wäre auf jeden Fall angenehmer ... aber da man sich das nicht aussuchen kann, werd ich es wohl oder übel überleben und daraus lernen. Was einen nicht umhaut, macht einen härter!

Was war sonst noch die Woche? Am Donnerstag musste ich zum Gesundheitstest – das ist vielleicht eine Prozedur! Eine nette Dame (bzw. ihr Fahrer) von der Organisation, die die Deutsche Bank beauftragt hat, bringt mich zu diesem Testcenter ans andere Ende der Stadt durch die krasseste Rush Hour, die ich bis jetzt gesehen hab und vorbei an zahllosen Hochhäusern. Dann gehts los. Erst mal Fotos machen für die Arbeitserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis und was weiß ich. Dann anmelden, ewig anstehen, dann geht der Test los – und es wird wirklich alles durchgecheckt! Anscheinend ist alles ok, denn sie lassen mich wieder gehen ;-) Mit der Aufenthaltserlaubnis, die ich dann irgenwann bekomm, kann ich mich anscheinend frei in Asien bewegen, ohne Visum usw., ein- und ausreisen im nächsten halben Jahr so oft ich will ... somit hätte sich auch die Geschichte mit meinem Visum erledigt, denn bis jetzt hatte ich nur ein Visum für einmalige Einreise – hätte also nicht mal nach Hongkong fliegen können bzw. erst bei irgendeiner Organisation die Änderung des Visums beantragen müssen... Bürokratie eben ;-)

Keine Kommentare: