14. Juli 2007

Etwas chinesische Kultur: Nanjing

So, wieder Wochenende. Und da ich die ja nicht allzu oft in Shanghai verbringe, muss wieder ein Ziel her. Da es unmöglich ist, Zugtickets nach Xi’an zu bekommen, muss eine „Notlösung“ her: Nanjing.

Nachdem wir, unsere 11-köpfige „Reisegruppe“, den Zug in Shanghai noch gerade so erwischt haben, dürfen wir uns erst mal durch diese vielen Wägen kämpfen. Unserer ist natürlich ganz vorne – und auf dem Gang stehen überall diese Chinesen, die nur Stehtickets bekommen haben (ja, sowas gibt es hier). Dann dürfen wir ein paar dieser von unseren Plätzen verscheuchen – tja, Pech gehabt ;-) Ruhige Fahrt, bis dann diese Chinesen mit ihrem Promo-Zeugs auftauchen. Man stellt sich das vor wie eine dieser Kaffeefahrten in Deutschland: Die Leute sitzen gemütlich auf ihren Sitzen, und auf dem Gang stehe dieser Chinese, der so komische Kreisel vorführt, die in einem ätzenden Ton die Melodie von „Happy Birthday“ von sich geben. Oh, und mann kann sie auf dem Finger balancieren ... und dann diese tollen Stifte, mit denen man die 100 RMB-Scheine auf Echtheit prüfen kann. Sehr schön. Die Chinesen kaufen diesen Ramsch wirklich ... und dann geht er endlich. Aber lang dauerts nicht, und der nächste kommt: feuerfeste Socken, superelastisch. Achja, Einlagen für die Schuhe hat er auch noch im Angebot.

Nach nur 3 Stunden Zugfahrt sind wir dann da. In der Stadt, die – wie so viele andere – mal Hauptstadt Chinas war: einmal im 14. Jahrhundert und später nochmal Anfang des 20. Jahrhunderts nach Gründung der Republik China. Außerdem fand im 2. Weltkrieg ein Massaker statt, bei dem die Japaner mehr als 300,000 Chinesen ermordeten. Außerdem besaß Nanjing die längste Stadtmauer der Welt (33 km), von der noch etwa 2/3 stehen.

Aber zurück zu unserem Tagesausflug: Vom Bahnhof aus nehmen wir erst mal einen Bus, der uns für umgerechnet 20 Cent einmal quer durch die Stadt fährt – zu den Haupttouri-Attraktionen. Die Fahrt durch die Stadt ist nichts wirklich Besonderes für uns, alles sieht irgendwie sehr ähnlich aus, wie wir das aus Shanghai kennen. Ok, die Gebäude sind nicht ganz so hoch, aber an der Straße überall diese kleinen Läden, die Chinesen auf der Straße beim Kartenspielen usw. ... und ab und zu mal wieder ein etwas westlicherer Gebäudeblock.

Dann sind wir endlich angekommen, auf dem Zujin Berg, wo sich die Hauptsehenswürdigkeiten befinden. Natürlich müssen wir nicht wenig Eintritt zahlen, aber was tut man nicht alles für ein bisschen chinesische Kultur. Und dafür, dass man dann gleich mal selber die Hauptattraktion ist! Chinesische Reisegruppen sehen wir ja öfters. Naja, eine macht da gerade ein Gruppenfoto vor so einem Tor. Denken wir uns als schon Fast-Chinesen, machen wir auch. Warten also höflich, bis sie weggehen. Aber von wegen. Wir müssen da unbedingt auch noch mit drauf! Und dann noch paar private Fotos – wir sollten vielleicht Geld dafür verlangen. Lukratives Geschäft!

Entkommen. Also besuchen wir zuerst das Mausoleum von Sun Yatsen (der als der Vater des modernen China gilt). Dazu müssen wir erst mal bei einer Affenhitze diese vielen Stufen hochsteigen ... und da oben ist dann dieses kleine Mausoleum. So, wieder nach unten und weiter durch den Wald, der uns eher wie ein kleiner Dschungel vorkommt bei dieser Schwüle ... Irgendwo an einer Kreuzung stehen dann wieder ein paar Chinesen: einer zeigt uns auf der Karte, wo wir hinwollen/-sollen, die andere ist für das Abreissen der Tickets zuständig. ABM nennt man das in Deutschland. Es geht also weiter zum Linggu Tempel und dann zur Linggu Pagoda, die wir natürlich besteigen müssen ... 8 Stockwerke Treppensteigen. Es ist definitiv zu heiß für sowas! Aber oben dann zum Glück angenehmer Wind ... und soviel Wald und grün haben schon lange nicht mehr gesehen. Leider lässt der Dunst keine gute Sicht auf Nanjing zu, aber egal ... wir lassen uns wieder etwas trocknen und runter gehts. Jetzt wird es mal Zeit, was Essbares zu suchen. Also mit dem Bus zurück in die Stadt. Toilettenpause im KFC, wie so oft (auch wenn das Essen besch... ist, die Toiletten sind unschlagbar!). Ein Straße weiter, und schon sind wir in China. Im wirklichen China. Kleine Häuser, Wäsche auf der Straße, diese kleinen Garküchen, die wir so lieben. 4 Uhr ist nicht gerade Essenszeit in China, also schlafen die Leute in ihren Buden, auf einem Stuhl oder einer Bank hinter dem Ofen. Aber kaum sind wir da, sind sie wach. Und die Straße ist plötzlich wieder belebt. Wir lassen uns also Nudeln und Reis braten, kaufen leckere Baozi (gefüllte Teigtaschen) und Gebäck ... unsere Arbeitskollegen werden uns natürlich am Montag wieder nicht verstehen, wie wir so „unhygienisch“ essen können ... wir finden es klasse. Das ist China!

Vollgegessen geht es weiter durch die Stadt, vorbei am Fuzi-Tempel. Dahinter spielt eine chinesische Gruppe, eigentlich gar nicht mal so schlecht. Und hier ist es definitiv touristischer. Wie in der Altstadt Shanghais. Viele kleine Läden in den engen Gassen mit unzähligen Souvenirs.

Und dann ist es auch schon wieder Zeit, dass wir uns auf den Weg zum Bahnhof machen. Wir gönnen uns noch einen Kaffee am Ufer des Sees – und der Expresszug bringt uns in nur 2 Stunden wieder zurück nach Shanghai ... zum gemütlichen Ausklang des Abends.

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